Lebensbericht (Poem)

'Lebensbericht' comes from a collection of German-speaking women's literature entitled "Deutsche Dichterinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart: Gedichte und Lebensläufe. Herausgegeben und eingeleitet von Gisela Brinker-Gabler." This text was graciously donated to the Sophie library by Gisela Brinker-Gabler.

The Foreword and Introduction may be read HERE.

LEBENSBERICHT

            Im thon Ich dannck dir lieber
            herre das du mich hast erlost
 
Ey gott mein lieber herre
Lob dich beidt tag vnnd nacht,
Ich will dich auch thun ehrenn,
Sieh, du hast mich gebracht
Ach schwerlich aus Mutterleibe
Bin ich in anngst getzelt[1]
Ehe dem teuffell zu leide
Getauft wie es dir gefelt[2]

Im ehestanndt bin ich begebenn
Dem edelenn herrenn mein,
Inn kranngkheit thet ich lebenn,
Ahnn[3] furcht thet ich nicht sein.
Creutz, Jammer vnnde schmertze
Was mir alltzeit empor,
Ich schrei zu gott vonn hertzenn,
Dem vngelück kam zuvor.

Nach meiner seel gestandenn,
Auch nach dem leibe mit gewalt,
Vom wortt mich enthaltenn
Treibenn die da waren erkalt.
Mein trew thet mir denn schadenn,
Das redt ich vberlaut,
Das ist In nicht geratenn,
Ich bin ins herrenn hut.

Ich thett auch ernnstlich regirenn,
Im lanndt woll funftzehenn jar,
Thet weinig hoffirenn,
Das redt ich ganntz offennbar.
Der teuffell war ausgelassenn,
Wie menniglich ist bekannt,
Dennoch hielt reine straßenn,
Das lanndt gudt ruhe fanndt.

Gottes wortt thett ich liebenn
Vnnd brachts inn das Lanndt,
Viell thetenn sie mir zuschiebenn
Vncost inn meine Hanndt.
Dennoch nach gotts gefallenn
Klinget hir doch gottes wortt
Vnnd gehet hirin mit schalle
Vnnd ist allein mein trewer hortt.

Die arbeit ist nit zu ertzellen,
Der ich getragenn viell,
Thett mich auch ofte fellenn,
Meins schreibenn war kein ziell.
Dennoch thet ichs ertragenn
All zu derselbenn stundt,
Auf gots ergetzung thet ichs wagenn,
Mein hertz ist gar verwundt.

Einvnnddreißig jar im lannde
Bin ich gewesenn hir,
Trotz das mit warheit Jemande
Aufleg noch beweiß auf mich,
Was erbarkeit entgegenn,
Das ich getriebenn hedt
Mit schwerenn vnnd mit liegen[4]
Das thet des teuffels sath.

Von Jederman ich geplaget wardt,
Mein Creutz ist stets vermerdt,
Das thett allein die bose[5] ardt,
Vnnderthan[6] ganntz vngelertt,
Ir trewe sie vergaßenn,
Entzogenn mir das brodt,
Es war In nicht geheißenn,
Der herr der halff aus nott.

Mein diener vnnd gesinde
Vergaßen pflicht vnnd eide,
Handeltenn mit mir geschwinde
Vnnd thetenn mir groß verdrieß.
Im Creutz thetenn sie nit pleibenn
Entzundenn mir mein Bett[7],
Noch feilt mir nicht leibe,
Der herr thet mich errettenn.

Inn gottes willenn mich ergeben,
Claget Im mein elenndt,
Nach seinem willenn lebenn,
Denn armen aus meiner Handt
Ach mocht ich dene gebenn
Nach meines hertzenn beger,
Mit meinem Sohn gar ebenn
Lebenn ahn zannck vnnd beschwer.

Hiemit so will ich endenn,
Ertzalt mein Creutz vnnd nott.
Erhalt mich inn deinen hendenn,
Mein herr schepfer vnnd gott.
From vnderthan mir beschere,
Du edeler erloser mein,
Zu deines nahmens ehre
Vnnd laß mich dannckbar sein.
Amen.



[1] Zelt
[2] gefällt
[3] Ohne
[4] Lügen
[5] böse
[6] Untertanen
[7] Über dieses Ereignis heißt es in einem anderen Gedicht Elisabeths:
"Unglück mir meinen schaden thett,
Im fewrigen Bett
Thet mich mein gott erhaltenn"
Bibliographic Information
Editor
Gisela Brinker-Gabler
Publication Date
1991
Publication Place
Frankfurt am Main
Press
Fischer Taschenbuch Verlag