This text was digitized and graciously donated to Sophie by Dr. Albrecht Classen, University of Arizona. This particular work has been extracted from Classen's Frauen in der deutschen Literaturtgeschichte; the full text is available on this site.
Viele rechtgläubige Christen gibt es—auch ich kann mich nicht völlig davon freisprechen, daß ich zu den Schuldigen gehöre—die aus Freude an der gebildeten Sprache die weltlichen eitlen Bücher der Heiden (Römer und Griechen) dem Nutzen der Heiligen Schriften vorziehen. Daneben gibt es auch andere, die sich an die heilige Schrift halten, sogar alle anderen heidnischen Werke verachten, aber die Phantasiedichtungen des Terenz immer wieder lesen und, während sie sich an der Anmut seiner Sprache erfreuen, sich durch die Kenntnis des gottlosen Inhalts mit Sünde beschmutzen. Daher habe ich, die kraftvolle Stimme von Gandersheim, mich nicht davor gescheut, während andere ihn dadurch ehren, daß sie ihn lesen, ihn in seiner Darstellungsweise nachzuahmen, um in der gleichen sprachlichen Form, in der die verwerflichen Laster liederlicher Frauen geschildert werden, die hoch zu preisende Keuschheit heiliger Jungfrauen, soweit meine geringe geistige Kraft reicht, zu rühmen. Dies erregte nicht selten Scham in mir und ließ mich tief erröten, weil ich—durch diese Art der Darstellung gezwungen—den verabscheuungswürdigen Wahnwitz derer, die sich an unerlaubter Liebe erfreuen, und ihre schmeichlerischen Reden, die uns nicht einmal zu Gehör kommen dürfen, bei der Darstellung in meinem Geist erwogen und mit dem Griffel niedergeschrieben habe. Wenn ich es aus Scham unterlassen hätte, dann hätte ich weder an meinem Vorhaben festgehalten, noch das vollständige Loblied der unschuldigen Menschen gesungen, denn je verführerischer die Schmeichelreden der Verführten locken, desto größer ist die Herrlichkeit des himmlischen Helfers, und um so glorreicher erweist sich der Sieg der Triumphierenden, vor allem, wenn weibliche Schwachheit siegt und männliche Kraft jämmerlich versagt und unterliegt. . .
Falls meine fromme Werke auf Zustimmung stoßen sollten, freue ich mich darüber; wenn sie aber wegen meiner Unwürdigkeit oder wegen der rauhen und holprigen Sprache niemandem zusagen, so freue ich mich doch selbst darüber, was ich geschaffen habe, denn während ich bei der Abfassung meiner minderwertigen Arbeit in den anderen Werken, die ich in meiner Unwissenheit schuf, ein heroisches Versmaß zur Darstellung verwendete, wähle ich hier eine dramatische Fassung, wobei ich mich aber vor der gefährlichen unchristlichen Täuschkunst schütze und sie vermeide.